Ein Tag im Leben von… / A day in the life of…

Spend a day with Tatjana.  See her life in pictures.

Das Leben einer Krimiautorin ist selbstverständlich glamourös: Triumphale Lesungen vor Tausenden von Menschen,  wichtige Verlegergespräche bei Kaviarhäppchen und Champagner, Literaturpreisverleihungen im Blitzlichtgewitter der internationalen Presse, Luxus-Stipendien an den feinsten Locations der Republik und … und … und…

Aber wie sieht das Alltagsleben einer Krimiautorin aus?  Der ganz gewöhnliche Wahnsinn zwischen diesen Highlights?

 

Ein Tag im Leben der Krimiautorin Tatjana K. 

Irgendwann am Vormittag.  Am späten Vormittag.  Am sehr, sehr späten Vormittag. Verpennt. Schon wieder. Es gibt kleingeschnitzeltes Obst mit Joghurt zum Frühstück, nicht weil’s gesund ist, sondern weil die Autorin zu faul ist, zum Bäcker um die Ecke zu gehen und Croissants zu holen. Dazu Kaffee. Viel Kaffee.

Es folgt die ausführliche Lektüre der Tageszeitung. Man will schließlich informiert sein.  Dazu Kaffee. Viel Kaffee. Und weil es sich auf dem blauen Sofa so herrlich räkelt, schläft man auch gern nochmal ein.

 Die Arbeit ruft. Erst einmal die Mails checken, auf Facebook vorbeischauen, twittern und instagrammen. Das dauert gut und gern eine Stunde. Was auf dem Beweisfoto fehlt: die Kaffeetasse!

Jetzt wäre ein schöner Moment, um mit dem Morden anzufangen. Leichen wollen gemeuchelt, Täter überführt sein.  Bücher schreiben hat sehr viel mit Disziplin zu tun. Die Krimiautorin weiß das. Macht jetzt aber trotzdem lieber einen Spaziergang am Fluss entlang in den Stadtpark. Inspiration erwächst nämlich aus der Bewegung. Kurzum:  Zen-Walking!

Prokrastinieren ist ein schönes, ein erhabenes Hobby, aber irgendwann gibt es keine Ausrede mehr. Frischauf ans kriminelle Werk. Doch erstmal Kaffee. Viel Kaffee!

Also schön, der Tag schreitet voran, jetzt hurtig in die Tasten gehauen. Der zweite Kommissar-Seifferheld-Band steht an: „Nadel, Faden, Hackebeil„. Noch kein Plot, noch kein Plan, aber der feste Vorsatz: Heute werden 10 Seiten geschrieben!

Nein, so geht das nicht. Die Atmosphäre im Raum stimmt nicht. Es ist so kalt, so kahl, so uninspirierend, so unbunt. Also erstmal  los und Blumen geholt. Kreativität erwächst nur aus der Fülle des Lebens.

Besser, viel besser. Jetzt kann gearbeitet werden. Doch Moment, wer knurrt denn da? Oi, der Magen. Also auf an den Herd und gekocht. Beichte am Rande: Die Autorin kann nicht kochen.  Sie kann aber den vollautomatischen Reiskocher anwerfen und irgendeinen Doseninhalt auf den fertigen Reis kippen. Hauptsache satt.  Eigentlich ein Fall für Jamie Oliver…

Nach dem Essen braucht man …? Genau! Kaffee. Viel Kaffee. Wie gut, dass es in der Heimatstadt der Autorin zahlreiche Cafés gibt.

Der Abend dämmert. Jetzt ist ein guter Moment, ein erhabenes Werk der Kriminalliteraturgeschichte zu erstellen. Holmes, Poirot, Seifferheld! Die Finger der Autorin schweben über den Tasten. Da klingelt es. Gäste! Die Autorin köpft die Prosecco-Flasche, die vom Geburtstag übrig geblieben ist. Dazu Wasabi-Nüsse.

Nacht. Grillen zirpen. Die Flasche ist leer. Die Gäste sind gegangen. Die Autorin hickst.  Sie schaut nochmal nach den Mails. Hollywood könnte sich ja wegen der Seifferheld-Verfilmung mit George Clooney in der Hauptrolle gemeldet haben.  Statt Scorcese ist es aber Freundin S. aus W., die einen Link schickt, der zu einem weiteren Link führt … und irgendwie ist es plötzlich ein Uhr nachts. Die Autorin gähnt.

Und geht zu Bett. Kann aber nicht einschlafen, weil definitiv zu viel Kaffee getrunken. Wird morgen wieder verschlafen – garantiert. Wälzt sich grübelnd im Bett. Geschriebene Seiten an diesem Tag: 0. (In Worten: null.) Dies ist wohlgemerkt ein typischer Tag. Dass die Autorin dennoch jedes Jahr mindestens einen Kriminalroman und bis zu zwölf Kurzkrimis veröffentlicht, ist nur dem Umstand zu verdanken, dass sie dem Teufel ihre Seele und ihren Erstgeborenen versprochen hat…

– The End – … or is it?

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